Der Silberschatz im See

Nur kleine Eglis?

«Herbi, ich brauche einen zweiten Schiffsführer. Vier Jungfischer, das schaffe ich nicht auf einem Boot!» Der Plan von mir und den Jungs ist klar: Anpirsch auf den Silberschatz im See. «Dann komm ich halt, wenn es mich braucht!» Ganz der Herbi: Das halbe Herz und das letzte Hemd gäbe er für unsere angelbegeisterten Jungs. «Aber ich muss euch vorwarnen», meint er skeptisch, «gestern hatten wir fast nur kleine Eglis am Haken!» Egal, wir müssen es selber erleben. «Heute heben wir den Schatz!», lautet das Motto, als die beiden Boote aus dem Hafen tuckern.

Felchen suchen und finden

Kurz ein, zwei Hotspots ausprobieren, die wir von vergangenen Jahren kennen. Nix, ist vermutlich noch zu früh hier. Dann raus zum «Bleistift» vor der Halbinsel Au. Dort hat Otti Anfang Woche fünf schöne Silberladies überlisten können. Ein, zwei Boote sind schon dort. «Ich hatte noch keinen einzigen Biss!» ruft uns einer resigniert zu. Nicht verzagen, Echo fragen. Sie stehen überraschend tief heute: 28 bis 30 Meter. Manchmal direkt am Grund, dann wieder etwas höher. Schwimmen umher, vermuten wir.

Ultrafeine Bisse

Die Bisse sieht man kaum. Es fühlt sich an, wie eine kitzekleine Unregelmässigkeit in der Hebebewegung – zack, der Anschlag, und die Rute krümmt sich. Eine 44er. Dann vier, fünf kleinere. Und zur Krönung eine 45er auf den Zapfen. Auf unserem Schiff zieht blau-violett mit glitzernden Fäden. Auf Herbis Boot: Zunächst gar nichts ausser kleinen Eglis. Sie wechseln den Standort; wir bleiben. Jetzt beisst es beim Schiffsnachbarn. «Bodyglass braun und rot!», ruft er uns sein Menü herüber. Wir wechseln die Hegene. Zieht nicht bei uns. Wir wechseln zurück auf Blau. Beisst immer noch nicht. Ist der Spuk vorbei? Herbi und seine Jungs rufen an: Sie konnten vor Wädi noch sechs verhaften, eher kleine. Aber Immerhin.

Fischen zwischen zwei Fronten

Wettermässig ist es ein Fischen zwischen zwei Fronten: Gestern der Föhn, dem die Puste ausging, heute früh weht ein strammer Ostwind den Himmel blau. Die Sonne ist herrlich, aber das konzentrierte Heben und Senken der feinen Rute nicht grad einfach bei Wind und Wellen. Kurz nach Mittag drehen unsere verankerten Schiffe um hundertachtzig Grad. Der Himmel verdunkelt sich zusehends. Von den Schiffstegen blinken uns die orangen Sturmlaternen zu: «Versorgt eure Hegenen, bald geht’s los!» Unser Boot kommt gerade noch trocken in den Hafen. In Herbis Boot sitzen die ausdauernderen Fischer – dafür werden diese tropfnass. Aber hey: Die lange Felchendurststrecke scheint vorbei! Der Bann ist gebrochen. Jetzt heisst es Dranbleiben.

Text und Bilder: Steff Aellig

 

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